Integration auf Augenhöhe
Ein Projekt, das 2015 von thyssenkrupp gestartet wurde, um Geflüchteten konzernweit eine berufliche Perspektive zu geben, ist heute ein fester Baustein der Recruiting- und Ausbildungsstrategie von thyssenkrupp Materials Services. Ein Erfolg, der viele Leben verändert und die Chance birgt, den Arbeitsmarkt nachhaltig zu gestalten. Im August 2022 folgte der nächste Schritt auf dem Weg dahin: Die Teilnahme an The Female Accelerator Program des Impact Scale-Ups socialbee.
Programm für Akademikerinnen
Die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt hat durch den Ukrainekrieg dieses Jahr wieder an öffentlicher Beachtung und Bedeutung gewonnen – dabei gab es schon immer Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, um irgendwo anders auf der Welt von vorne anzufangen. Menschen, die vielleicht seit Jahren in einem fremden Land leben und unbedingt wieder selbst für sich und ihre Familie sorgen müssen, denen die Möglichkeit dazu aber bisher verwehrt wurde. Gerade die Zahl gut ausgebildeter Frauen, die nach Flucht und Vertreibung nicht in ihren Beruf zurückfinden, ist mit 67 Prozent erschreckend hoch.
Seit August 2022 beteiligt sich thyssenkrupp Materials Services als eines der ersten Unternehmen am The Female Accelerator Program von socialbee, das geflüchtete Frauen mit akademischem Hintergrund zu Projektmanagerinnen ausbildet. Zwei Frauen, die aus Nigeria und dem Iran fliehen mussten, wurden im gemeinsamen Bewerbungsverfahren von socialbee und thyssenkrupp Materials Services ausgewählt und durchlaufen das strukturierte Programm aus speziellen Angeboten zur Integration und Soft Skills, einer Ausbildung in SCRUM und Training on the Job.
„Leider war die Zahl der Teilnehmerinnen auf zwei pro Unternehmen begrenzt“, sagt Luisa Rettig, HR Business Partner und Ausbildungskoordinatorin bei thyssenkrupp Materials Services, „aber wir waren so überzeugt von der Idee und natürlich den Bewerberinnen, dass wir eine weitere Mitarbeiterin aus der Türkei in unserer IT-Abteilung einfach so eingestellt haben. Meiner Meinung nach funktioniert Integration dann am besten, wenn sie kein Thema ist.“ Und so ist es selbstverständlich, dass die von socialbee vermittelten Mitarbeiterinnen die gleichen Konditionen erhalten wie Kolleg:innen, die über einen standardisierten Bewerbungsprozess ins Unternehmen kommen.
Mit Offenheit gegen Fachkräftemangel
Angefangen hat das Engagement von thyssenkrupp Materials Services 2015 im Rahmen des konzernweiten Programms „we.help@tk“. „Anfangs ging es bei dieser Initiative in erster Linie darum, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen“, erzählt Luisa Rettig. „Mittlerweile legen wir den Fokus aber nicht mehr nur auf Geflüchtete, sondern auf alle Menschen, die in einem klassischen Bewerbungsverfahren oftmals durchs Raster fallen würden.“ Bei manchen Teilnehmer:innen hat die Ausbildung deutlich länger gedauert – aber am Ende hatten die meisten ihren Abschluss in der Tasche.
Denn echte, nachhaltige Integration ist mehr, als das bloße Erfüllen bestimmter Kriterien und Standards – diese Erfahrung haben auch die Ausbilder:innen bei thyssenkrupp Materials Services in den vergangenen Jahren gemacht. Deshalb schafft das Unternehmen weiterhin jedes Jahr Stellen, um Personen, denen der klassische Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert wird, eine Chance zu geben.“
Und bei denen ihre Ausbilder:innen und Mentor:innen die Zeit, aber auch die nötige Qualifizierung haben, sie zu begleiten. „Wir haben festgestellt, dass wir auf diesem Wege tatsächlich sehr gut Fachkräfte finden können“, so Luisa Rettig. „Gerade im Bereich der gewerblich-technischen Berufe, wo es immer schwieriger wird engagierte Nachwuchskräfte zu finden.“ Mittlerweile funktioniert ein Teil des Recruitings für diese Stellen nach dem Weiterempfehlungsprinzip. „Die Absolvent:innen des Programms erzählen in ihrem Netzwerk von uns und bringen Verwandte und Freund:innen mit, die auch schon ähnlich lange im Land sind, aber nie eine Chance bekommen haben, beruflich Fuß zu fassen. Für diese Menschen sind wir das Ticket in die Beschäftigung. Viele von ihnen zeigen dabei eine äußerst hohe Motivation und dieser begegnen sie auch bei ihren Koordinator:innen.“
So unterstützen Luisa Rettig und ihre Kolleg:innen beim Deutsch lernen oder bei der Prüfungsvorbereitung. „Und auch wenn sich mal herausstellen sollte, dass jemand vielleicht nicht ganz für eine Tätigkeit bei uns geeignet ist, helfen wir der Person dabei, eine andere Ausbildung, Qualifizierungsmaßnahme oder Stelle zu finden, die besser passt.“
Engagement auf allen Seiten
Sowohl zu konzerneigenen Integrationsinitiativen als auch zur Kooperation mit socialbee gehört neben der Ausbildung und Qualifizierung Geflüchteter oder Menschen mit Behinderung auch die entsprechende Qualifizierung der Ausbilder:innen und Mentor:innen. Schulungen zum Arbeitsrecht, aber auch verpflichtende Trainings zu Cultural Awareness oder Unconscious Bias gehören dazu. Das HR-Team rund um Luisa Rettig und Maike Karänke (Head of L&D D&I) steht allen Mitarbeitenden und Führungskräften, die sich aktiv an den Integrationsprogrammen beteiligen, zur Seite – gerade, wenn es darum geht, schwierige Situationen zu meistern. Ebenso begleitet das Team von socialbee nicht nur die Teilnehmerinnen des The Female Accelerator Programs, sondern berät und unterstützt auch die Ambassadors (Ansprechpartnerinnen der Teilnehmerinnen im Unternehmen) und Führungskräfte der teilnehmenden Unternehmen während der gesamten Laufzeit des Projektes.
„Wir arbeiten sehr aktiv daran, unsere Bewerbungsprozesse Schritt für Schritt weiterzuentwickeln und besonders daran, Diversität auf dem Arbeitsmarkt stetig besser abzubilden“, so Luisa Rettig. „Dafür reicht es aber nicht, das in ein Regelwerk zu schreiben. Es gilt Silos aufzubrechen, selbstreflektiert mit den eigenen, oft unbewussten Vorurteilen umzugehen und Aufmerksamkeit und Sensibilisierung auf allen Ebenen eines Unternehmens zu schaffen. Erst dann kann Integration und Inklusion nachhaltig gelebt werden. Und wenn ich auf die Erfahrungen mit „we.help“ und jetzt auch The Female Accelerator Program blicke, kann ich sagen: Wir sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg – nicht nur durch das Commitment der Geschäftsführungen, sondern und im Besonderen auch durch das der Kolleg:innen.“